Langlebigkeit in den Blauen Zonen
100 Jahre alt sein, das ist bei uns doch eher eine Seltenheit. Aber es gibt Orte, an denen Menschen in hoher Konzentration überdurchschnittlich alt werden. Diese Orte sind auf der ganzen Welt verteilt und werden meist Blaue Zonen genannt. Aber warum werden die Menschen dort so alt?
Entstehung der Blauen Zonen
Angefangen hat alles im Jahr 2000, in dem der Demograf Michel Poulain besonders viele Hundertjährige auf Sardinien zählte. Mit einem blauen Marker kennzeichnet Poulain die Bereiche, in denen sich die meisten 100-Jährigen sammeln, sodass die italienische Insel im Mittelmeer zur ersten blauen Zone wurde. In den Bergdörfern Sardiniens erreicht ein hoher Anteil der Männer ein Alter von 100 Jahren - vor allem in dem Dorf Seulo, das zwischen 1996 und 2016 den Rekord von 20 Hundertjährigen hielt.
In der Hoffnung, das Geheimnis der Langlebigkeit zu lüften, begibt sich Dan Buettner mit seinem Team auf die Reise. Im Zuge dessen findet er weitere Blaue Zonen und prägt diesen Begriff besonders.
Lebensweisen
Unter die Blauen Zonen fallen mittlerweile Sardinien (Italien), Okinawa (Japan), Ikaria (Griechenland), Nicoya (Costa Rica) und Loma Linda (USA).
Interessant sei, dass die Blauen Zonen eher isolierte Regionen sind, äußert Joris Deelen vom Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns. Bei den ersten vier Regionen handelt es sich um Inseln oder Halbinseln. Daher haben sich die Menschen besonders gut an ihre Umgebung angepasst. Loma Linda, eine Stadt in Kalifornien, zeigt aber, dass die geografische Lage nicht unbedingt ausschlaggebend für ein hohes Alter ist. Es sind wohl doch die Ähnlichkeiten der Lebensstile, welche die Bewohner der Blauen Zonen so alt werden lassen.
Vergleichen wir die Ernährung in den Blauen Zonen mit der in den westlichen Ländern, so werden schnell Unterschiede sichtbar. Während in der westlichen Welt häufig hochverarbeitete und fertige Produkte auf dem Teller landen, ernähren sich die Menschen der Blauen Zonen vor allem von natürlichen Lebensmitteln. Unter anderem selbst angebautes Obst und Gemüse. Die positive Auswirkung einer ausgewogenen Ernährung ist auch wissenschaftlich nachgewiesen, schreibt das Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns. So kann die darmgesunde Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen und Prä- und Probiotika das bakterielle Mikrobiom im Darm erhöhen und tatsächlich eine verlängerte Lebensspanne bei den Modellorganismen hervorrufen.
Deelen erwähnt außerdem, dass die Menschen dort nicht so viel essen würden, bis sie vollends satt sind. Auch eine Kalorienreduktion hat unter Forschungsbedingungen die Lebensspanne der Modellorganismen verlängern können. Dies sei allerdings nicht direkt auf den Menschen übertragbar, da auch die Ergebnisse bei den Modellorganismen stark von zum Beispiel genetischen Faktoren abhängig sind. Nun zeigt aber eine erste Auswertung der CALERIE-Studie (Comprehensive Assessment of Long-term Effects of Reducing Intake of Energy), dass bereits eine moderate Einschränkung der Kalorienzufuhr relevante Effekte hat, die sich auch auf die Lebenserwartung auswirken könnten.
Zusätzlich lässt sich festhalten, dass die Menschen der Blauen Zonen sehr aktiv sind, selbst wenn sie nicht einen bestimmten Sport treiben. Häufig sind sie viel draußen, zum Beispiel im Garten, oder gehen zu Fuß. So bleiben sie mobil und können beispielsweise Stürzen vorbeugen. Auch die mentale Aktivität hilft, alt zu werden. Einsamkeit ist ein bekannter Risikofaktor für einen frühen Tod, erläutert Deelen weiter.
Ebenfalls förderlich für ein langes Leben scheint eine Lebensaufgabe. So hat es auch der Fotograf Rene Schwerdtel beobachtet. Er porträtierte etliche Hundertjährige und sagt: “Dass man sich nicht hängen lässt und dass man sich irgendwie gebraucht fühlt.", das sei besonders wichtig. Die Menschen auf den Okinawa-Inseln nennen es „Ikigai“, die Bewohnerinnen und Bewohner der Nicoyan-Halbinsel „plan de vida“. Übersetzt bedeuten diese Begriffe so viel wie den "Sinn des Lebens“ erkannt zu haben. Dieser Lebenssinn sorgt für eine grundlegende Zufriedenheit, die zu einem längeren und glücklicheren Leben beitragen kann.
Auch Buettner, der Gründer des “Konzepts Blaue Zonen”, fasst kulturelle Gemeinsamkeiten zusammen, die als Erklärung für ein langes und gesundes Leben herangezogen werden können:
- pflanzenbasierte Ernährung
- moderate Kalorienzufuhr
- geringer Tabak- und Alkoholkonsum
- regelmäßige körperliche Bewegung
- starke soziale Bindungen
Fazit
Diese Blauen Zonen können eine Orientierung bieten. Durch den Vergleich der Lebensspanne eineiiger Zwillinge schätzt man den Einfluss Deiner Gene auf das Altern nämlich nur auf zehn bis fünfzehn Prozent. Dein individueller Lebensstil und die äußeren Einflüsse spielen daher eine bedeutend größere Rolle.
Aber es gibt auch Kritik. Häufig wird bemängelt, dass die Daten zur Lebenserwartung und Gesundheit in den Blauen Zonen nicht immer zuverlässig oder gut dokumentiert sind. Außerdem ist die Lebenserwartung auf der Insel Okinawa inzwischen niedriger als auf dem japanischen Festland. Dies lässt sich vermutlich vor allem auf die zunehmende westliche Ernährung auf der Insel zurückführen.
Zwar gibt es für Buettners Beobachtungen keine eindeutigen Belege, aber Fakt ist, dass diese Menschen im hohen Alter noch sehr fit und aktiv sind.
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